Erfahrungsbericht einer Frühgeburt und der Anstoss zur nationalen Plattform für Frühcheneltern

Bei einer Frühgeburt kommt das Baby vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt. In der Schweiz werden Frühgeborene ab der 24. Schwangerschaftswoche medizinisch versorgt. Dina, eine Mama aus Bern, hat 2018 mit ihren Zwillingen eine Frühgeburt erlebt. Ihre persönlichen Erfahrungsbericht und über die danach entstandene Idee zur Unterstützung von Frühcheneltern in der Schweiz, kannst du im nachstehenden Bericht lesen.

Ich bin ein glückliches Bärner Mami von drei gesunden Buben. Unsere Zwillinge kamen im August 2018 in der Schwangerschaftswoche 25+4 zur Welt. Sie wogen gerade mal 840 und 870 Gramm. In dieser Schwangerschaftswoche spricht man von extrem unreifen Frühchen. Diese Frühchen benötigen eine hohe medizinische Unterstützung. Je weniger Zeit das Baby im Mutterleib verweilt, desto höher ist das Risiko von Komplikationen und Spätfolgen. Bei Zwillingsschwangerschaften ist die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt bei 50 Prozent. Aber so früh wie unsere Zwillinge kommen in der Schweiz jährlich nur 0.4 Prozent der Kinder zur Welt - uns hat es jedoch getroffen.

Nach einem schönen Aare-Tag in Bern am 01.08.2018 war ich am Abend allein zu Hause. Als ich gerade online beim Asiaten etwas zu essen bestellen wollte, platzte völlig unerwartet meine Fruchtblase. Da sich mein Mann zu diesem Zeitpunkt leider gerade in Kroatien auf dem Segelboot befand, wurde ich mit der Ambulanz ins Inselspital Bern gefahren. Im Spital angekommen, versuchten alle die Geburt aufzuhalten. Mit einer geplatzten Fruchtblase ist es grundsätzlich möglich die Schwangerschaft unter engmaschiger Kontrolle weiterzuführen.

Bei mir war die Geburt jedoch nicht aufzuhalten.

Die Wehen wurden immer stärker und der Muttermund war bereits zu weit geöffnet. Also mussten die Zwillinge noch am selben Abend per Not-Sectio zur Welt gebracht werden. Plötzlich waren sie da, ohne Aufschrei und winzig klein. Mein Gedanken: «Sie leben nicht!». Doch die Zwei kämpften sich in ihr Leben: 107 Tage auf der Neonatologie, über 100 Liter abgepumpte Muttermilch, viele Rückschritte und tausend Tränen bei Mama und Papa. Die Zeit auf der Neonatologie stellt eine Achterbahn der Gefühle dar. Zudem lernt man täglich Neues dazu: Alles über die Beatmungsmöglichkeiten, vieles über mögliche Komplikationen bei Frühgeborenen sowie die Interventionen am Kind selbst. Jede Infusion, jede Blutabnahme und jede Tätigkeit am eigenen Kind mitanzusehen, ist jedes Mal ein Stich ins Herz. Die Zeit auf der Neonatologie ist eine harte Zeit. Das Pflegefachpersonal und die Ärzteschaft im Inselspital Bern haben eine wunderbare Arbeit geleistet. Sie haben es ermöglicht, dass unsere Zwillinge trotz dem viel zu frühen Start ins Leben, gesund nach Hause kommen konnten. Diese Verbundenheit zur Neonatologie, zu den Frühgeborenen und zu diesem Thema wird mich ein Leben lang begleiten.

Ich fühlte mich damals mit der ganzen medizinischen Umgebung, dem Kampf ums Überleben der eigenen Kinder und mit keinerlei Austauschmöglichkeiten mit anderen Frühcheneltern, sehr verloren. In der Schweiz gibt es keine breit angelegte Unterstützung für Eltern von frühgeborenen Kindern ausserhalb des Spitals. Aus diesem Grund habe ich Frühchen Schweiz ins Leben gerufen. Frühchen Schweiz verfolgt den gemeinnützigen Zweck, den viel zu früh und krank geborenen Kindern, deren Eltern und Familienangehörigen sowie Fachpersonen, verlässliche Informationen zur Aufklärung und weitere Hilfsangebote, zur Verfügung zu stellen. Zudem fördern wir die gegenseitige Vernetzung und den Austausch zwischen den Eltern. Wir wollen die Öffentlichkeit über das Thema Frühgeburt sensibilisieren. Wir setzen uns für die Frühgeborenen und deren Eltern im medizinischen und sozialen Umfeld ein. Es ist unser Herzensanliegen, dass sich Frühcheneltern keineswegs alleine fühlen.

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Dieser Blogbeitrag ist in Zusammenarbeit mit Frühchen Schweiz entstanden.

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